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Kunstmesse als Spiegel der Zeit

Die Gestaltung der diesjährigen Focus-Halle und des Übergangs (kleiner Stern) postuliert eine klare Abkehr vom Hedonismus der letzten Jahre in der Kunstwelt: Wo bis vor kurzem noch impulsiv gekauft wurde, das frenetische Überbieten in einer Art scheinbar nicht enden wollenden “moveable Feast” des Kunstmarktes zu münden drohte, wird nun wieder entspannter agiert. Die architektonische Gestaltung der Hallen von BundschuhBaumhauer tragen dieser Entwicklung Rechnung und Übersetzen sie sowohl metaphorisch wie auch praktisch. Der Stellenwert der passiven Marktteilnahme im Kunstmarkt ist gestärkt und unterstreicht zunehmend den Charakter der Messe als kulturelle Veranstaltung. Der Markt wird zunächst besonnen beobachtet, bevor mit fundierterer Ernsthaftigkeit ein Handel geschlossen wird. Das Thema des Beobachtens ist deshalb ein Leitmotiv der Gestaltung: Die Mittelzone ist keine reine Gastrozone oder gar “Lounge”, sie versteht sich vielmehr als Handelsplatz der neben vielfältigen Möglichkeiten für Kaufgespräche auch ausreichend Gelegenheit bietet sowohl die ausgestellte Kunst wie auch die stattfindenden Transaktionen zunächst zu beobachten. Die Tribüne am Ende des Raumes bietet dem Besucher die Möglichkeit aus der erhöhten Sitzposition, ohne einen unmittelbaren Teilnahmezwang, das gesamte Marktgeschehen distanziert zu beobachten. Die klare Wegestruktur und gute Übersichtlichkeit der Struktur ermöglicht aber auch aus dieser Warte unmittelbaren Zugang zu jeder Verkaufsposition. Die Sonderstellung des klar abgegrenzten Handelsplatzes “Focus” wird durch die Gestaltung des kleinen Sterns noch unterstrichen: Er dient als “Entschleuniger”. Aus der Hektik der Halle 18 kommend, betritt der Besucher eine helle, weiche und ruhige Zone. Hier ist mit Studio Voltaire an einer sehr zentralen Stelle eine Non-profit Institution angesiedelt. Diese Platzierung unterstreicht sehr deutlich die auch künftig gerade im jetzigen Marktumfeld wachsende Bedeutung nichtkommerzieller Marktteilnehmer und Institutionen. In dieser Comfort-Zone der Kunstwelt kann ohne den ständigen Druck des Marktes neue, qualitätsvolle Kunst entstehen, ja er ist geradezu Vorraussetzung für die Verwertungsarbeit des Marktes.

Deutsch

Team
Roger Bundschuh, Philipp Baumhauer, Gabriel Warshafsky, Tobias Donat, Felix Werner
Photographer
Jan Bitter